Mutismus

Mutismus ist eine seltene Kommunikationsstörung zumeist bei Kindern und Jugendlichen, die trotz einer weitestgehend abgeschlossenen Sprachentwicklung nicht sprechen. Sie schweigen.

Hierbei ist die Funktionsfähigkeit von Sprechorganen und Sprechmotorik üblicherweise nicht beeinträchtigt. Es wird im Allgemeinen zwischen dem selektiven und dem totalen Mutismus unterschieden.

Mutismus ist ein seelisch bedingtes Nichtsprechen und wird als sekundäre Kommunikationsstörung verstanden.


Ursachen _ Mutismus

Die genaue Ursache für Mutismus ist nicht eindeutig geklärt. Als mögliche Ursachen gelten:

  • Genetische Faktoren (z.B. familiäre Disposition für ein gehemmtes Kommunikations-/ Sozialverhalten)
  • Psychische Faktoren (z.B. Ängste / Depressionen)
  • Psychogene Faktoren (z.B. Stress)
  • Soziokulturelle Faktoren (z.B. entwicklungshemmende Milieueinflüsse)

Symptome _ Mutismus

Das Leitsymptom bei Mutismus ist der Verzicht auf verbale Äußerungen, welcher sich über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen erstreckt.


Formen _ Mutismus

Selektiver Mutismus

Unter selektivem Mutismus versteht man die situative Verweigerung von Lautsprache bei soweit intakter Hör-, Sprach- und Sprechfähigkeit /-fertigkeit (nach ICD-10/V F94.0).

Diese zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Verzicht von lautsprachlichen Äußerungen gegenüber bestimmten Personenkreisen
  • Verzicht von lautsprachlichen Äußerungen in bestimmten Situationen
  • Verzicht von lautsprachlichen Äußerungen an bestimmten Orten
  • Das Schweigen tritt in klar definierbaren und vorhersagbaren Situationen auf
  • Es zeigen sich nonverbale Ersatzstrategien (z.B. Gestik / Mimik)

Totaler Mutismus

Unter totalem Mutismus versteht man die komplette Verweigerung von Lautsprache bei soweit intakter Hör-, Sprach- und Sprechfähigkeit/-fertigkeit (nach ICD-10/V F94.0).

Diese zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Verzicht von lautsprachlichen Äußerungen gegenüber allen Personenkreisen
  • Verzicht von lautsprachlichen Äußerungen in allen Situationen
  • Verzicht von lautsprachlichen Äußerungen an allen Orten
  • Vermeidung von allen Körpergeräuschen in der Gegenwart von anderen Personen (z.B. Husten / Niesen / Lachen / Schluchzen)
  • Das freezing («hilfloses Erstarren») äußert sich in starrer Mimik / Körperhaltung sowie abgewandter Haltung gegenüber anderen Personen (vgl. Schoor, U. 2003)

Therapie _ Mutismus

Ziel der Therapie ist das Überwinden der Kommunikationsstörung. Die betroffene Person soll lernen sich wieder mit allen Personenkreisen, in allen Situationen und an allen Orten verbal verständigen zu können.

Die Behandlung von Mutismus teilt sich in drei Fachbereiche auf:

  • Sprachtherapeutische Behandlung
  • Psychologische Behandlung
  • Psychiatrische Behandlung

Welcher Behandlungsbereich im Einzelfall sinnvoll ist, hängt von der Primärätiologie ab.
Die sprachtherapeutische Behandlung ist in erster Linie zukunftsorientiert.

Inhalte

  • Gezieltes Sprechtraining, um schrittweise die Angst vor Sprechsituationen zu reduzieren (zunächst Laute und Silben, später einzelne Wörter, dann ganze Sätze)
  • Kommunikationsübungen in zunächst gestellten Situationen innerhalb des geschützten Therapierahmens
  • Kommunikationstraining in realen Alltagssituationen (In-vivo-Training):
    z.B. einkaufen / telefonieren / Fragen stellen und beantworten
  • Einsatz von Unterstützter Kommunikation (UK) auf dem Wege zur Lautsprache

Bei Eltern, Angehörigen und Bezugspersonen

  • Anleitung / Aufklärung / Beratung

Angewandte Methoden

Die Therapieplanung erfolgt auf der Basis einer individuellen Diagnostik. Dabei kommen u.a. folgende Therapiemethoden zur Anwendung (Auswahl):

  • Systemische Mutismus-Therapie (SYMUT) nach Hartmann, Boris
  • Dortmunder-Mustismus-Therapie (DortMuT) nach Katz-Bernstein, Nitza

Wegweiser _ Mutismus

Wann?

Die Sprachtherapie sollte umgehend beginnen, sobald die betreffende Person länger als 4 Wochen in bestimmten oder allen Situationen schweigt.

Wie und wo?

Bei einem Therapiebedarf erhalten Sie von Ihrem Kinderarzt, HNO-Arzt, Phoniater, Pädaudiologen oder Kinder- und Jugendpsychiater eine Verordnung für die Sprechtherapie.

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Sprechtherapie (bei gesetzlich Versicherten über 18 Jahren ist i.d.R. eine gesetzliche Zuzahlung zu leisten).

Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf, wenn Sie Fragen haben und/oder einen Termin vereinbaren möchten.

Weiterführende Links

Dortmunder Mutismus Zentrum (DortMuZ) im Sprachtherapeutischen Ambulatorium (SpA)
Technische Universität Dortmund _ Zentrum für Beratung und Therapie (ZBT)
spa.reha.tu-dortmund.de/mutismus


Mutismus Selbsthilfe Deutschland e.V.
www.mutismus.de

Eltern-Netzwerk
Mutismus Selbsthilfe Deutschland e.V.
www.mutismus.de/eltern-netzwerk

Selektiver Mutismus _ StillLeben e.V.
www.selektiver-mutismus.de